Reisebericht der SY Catorion vom 10.06.-08.10.2007

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Renate Keller und Lothar Dorloff

Bericht vom 10. – 13. Juni 2007 Korsör wir verlassen gerade den Lustbadehafen Korsör, auf der östlichen Seite vor der Beltbrücke gelegen. Es ist bereits unser vierter Reisetag, wir haben gut gefrühstückt, frisches Wasser gebunkert und können dank unserem Mitsegler René ein frisch geputztes Deck vorweisen. Über die Windrichtung und die Stärke können wir uns allerdings noch nicht einigen, und so müssen die Motoren ihre Pflicht erfüllen. In letzten Tagen herrschte Sonnenwetter, der Luftdruck sank jedoch täglich weiter, bis auf 1001 Hektopascal und heute Nacht nieselte es leicht. Eine dichte tiefe Wolkendecke liegt jetzt über der Beltbrücke. Im Sund herrscht eine starke Strömung gegen an, so dass die beiden Motore im Einsatz bleiben. Der Hafen Korsör war von uns angesteuert worden, um die noch vorhandenen dänischen Kronen auszugeben. Bei einem opulenten Fischmahl wurden unsere Kronen doch etwas knapp. Der Kellner verweigerte jedoch beim Bezahlen die Annahme von Euros und verzichtete lieber auf sein Trinkgeld. Die Hafenanlagen wirken insgesamt gepflegt, Toiletten und Waschräume sind nicht zugeschlossen und die Bootsstege verfügen in regelmäßigen Abständen über Leitern, wobei ein gelbes Schild in Augenhöhe auf die „Stiege“ hinweist, sehr vorsorglich für reingefallene Segler gedacht. Wir denken dabei nicht an unseren Freund Bernd, nein das tun wir nicht. Wir könnten ja auch mal wieder ins Wasser fallen.

Seit unserer Abreise am Sonntag, dem 10. Juni 2007 Punkt 12 Uhr, haben wir nun schön über 100 sm zurückgelegt. Nach den vielen Verabschiedungen in den vergangenen 2 Wochen, die doch etwas Herzschmerz auslösten, tat die Ruhe auf See gut. Der östliche Wind mit 6 – 7 Knoten brachte 2 uns bis vor den Windradpark vor Fehmarn, wo wir in 6 m Wassertiefe ankerten. Die Wassertemperatur ist hier noch mit 12 ° erfrischend, doch ab sofort wird die Körperreinigung in der See vorgenommen.

Der nächste Tag führt uns unter Blister und Groß bis nach Lolland in den kleinen Fischereihafen Onsevig. Zwei wesentliche Ereignisse auf dem Weg dahin: Das Setzen der dänischen Gastlandflagge und der ersten Erfolg von Lothars Angel. So war ich gerade dabei, eine Gemüseplatte mit Sauce Hollondaise zuzubereiten und als Nachtisch eine Mousse au Chocolat. Just bei dem Griff nach dem Schnitzel kam aus dem Cockpit der Ruf: „Fisch“. Ein Hornhecht hatte zwar nicht aktiv angebissen, war aber von dem Angelhaken zwischen den Augen erschlagen worden. Kurz darauf lag er mit frischem Balsamicoblättern dekoriert auf den Tellern.

Die Stimmung an Bord ist insgesamt hervorragend. Unser Mitsegler ist seetauglich und rundherum einsetzbar. Er übernimmt klaglos das Ruder oder auch den Abwasch – und lässt sich dabei sogar noch fotografieren. Im Laptop kann er ein Mikrofon oder auch eine Comport Schnittstelle einrichten. Selbst ein längerer Schwimmausflug ohne Badehose schreckt ihn nicht – allerdings hatte das Wasser in der Sandbucht eine Temperatur von 21 ° und die Luft war mindestens ebenso warm.

Auf Lothar warten noch viele Arbeiten. So muss er seine Liegefläche noch so frei schaufeln, dass er den Weg unters Zudeck leichter finden kann. Die CD Spindel und das Unterwassergehäuse der Kamera verursachen Druckstellen. Wahrscheinlich muss er seine Kabine aber ohnehin noch auseinderbauen, da das Seeventil unter seiner Koje angebracht, sich nicht öffnen lässt. So kann der Wassermacher kein Seewasser ansaugen und für uns kein Trinkwasser machen. Es half auch nicht, dass ich mit einem Stöckchen von außen unterm Kiel einen Durchstich versuchte, zumindest ist der Eingang des Seeventils nicht zugewachsen, vielmehr ist der Hebel von innen her noch verschlossen.

Während ich hier schreibe, laufen wir unter Motor Richtung Sejeroe im Norden von Dänemark, nun schon seit 2 Stunden und der Gott des Windes hat kein Einsehen mit uns, obwohl wir ihn doch vor Warnemünde mit einem Portwein gütig stimmen wollten. Müssen wir wohl noch mal nachbessern.

Nach der Übernachtung im Hafen Sejeroe am 13.06.07 steuerten wir Richtung Norden nach Laesoe. In der Zeit von 10 – 12 Uhr kreuzten wir uns aus dem Hafen heraus, ohne wesentlich Meilen gutzumachen. Vor der Huk erfolgte ein Aufsetzer auf einen felsigen Vorsprung unter Wasser. Wie ich später begutachtete, trug der Steuerbordrumpf außen über der Kielsohle in Höhe des vorderen Fensters eine Schramme von ca. 20 cm Länge und 1 cm Tiefe davon. Der Tag war durch gefallenen Luftdruck auf 1001 hp, tief hängende Wolken und einsetzenden Nieselregen geprägt. Wir konnten aber wieder segeln, wenn auch nicht so gemütlich.

Am 14.06.07 um 22 Uhr erreichten wir den Hafen von Grenaa zum Sonnenuntergang. Am folgenden Morgen legten wir beim Auslaufen gleich ein Reff ins Groß ein, gut 22 kn Wind aus NE, bedeckter Himmel. Die Stimmung an Bord war ebenso bedeckt und der Tag war anstrengend. Der Wind schwächte ab und kam dann aus Ost. So mussten wir nach Laesoe wiederum motoren, ab 15 Uhr bis zum Einlaufen um 19 Uhr. Dabei achteten wir sehr gewissenhaft auf die lang gestreckte Untiefe im Nordwesten vor der vorgelagerten Insel Stokken.

Der Samstag, der 16.Juni, wurde zwangsweise – bedingt durch zu wenig Wind – zum Ruhetag im Hafen von Laesoe. Wir hatten hier über W-LAN eine Internetverbindung, was Lothar und mir die Zeit vertrieb. Der Skype Anschluss wurde ausprobiert und wir haben inzwischen 3 Kontakte zum kostenlosen Telefonieren hergestellt. Meine Adresse lautet: renate.keller1. Auch konnte in Ruhe noch nicht gestautes Gut einsortiert werden. René schwang sich aufs Fahrrad und erforschte die Insel. Anzumerken ist hier, dass der morgendliche Nieselregen in einen Dauerlandregen überging und nachmittags zum Starkregen 3 aufstieg. Abends kam René tropfend zurück und seine Sachen brauchten mehrere Tage zum Trocknen. Den Ausflug schilderte René als sehr interessant. Aufgrund des schlechten Wetters ließ er aber einige Sehenswürdigkeiten, wie z.B. die Salzsiederei der Insel, aus.

Sonntag, 17. Juni, war wieder Sonnenschein angesagt, der Wind blies aus Südwest, wir starteten mit Groß und Blister und hatten 52 ° bis Göteborg ausgerechnet – und freuten uns auf einen schönen Segeltag. Dabei übersahen wir aber die im Norden von Laesoe allgemein herrschende geringe Wassertiefe mit Sandgrund wie auch die Tidendifferenzen, die hier maximal 30cm betragen können. Beim Auslaufen aus dem Hafen hatten wir Wasserhochstand und kamen problemlos in die vorgelagerte Bucht. Zwar bemerkten wir die geringe Wassertiefe, die Seekarte verhieß aber bald die nächste Tiefenlinie. Nur erreichten wir sie nicht mehr und setzten zuvor auf Sandgrund auf. Ein herbei kommender Motorbootfahrer erklärte uns, dass der Wasserstand bis 14 Uhr weiter sinken würde. Er – mit einem 15 PS-Motor wie auch ein herbeigerufener Fischer mit einem 40 PS Motor versuchten vergeblich, uns über den Sandgrund zu ziehen. Lothar ließ sich nicht beirren und startete weiterhin beide Motoren bei voller Drehzahl. Mein Eintrag hierzu im Logbuch:

09.00 Uhr Ablegen aus Laesoe Vesterö Havn, Kurs 52 ° Richtung Göteborg.
10.00 Uhr Aufsetzen auf Sandgrund
20.00 Uhr Freikommen durch gestiegenen Wasserstand mithilfe beider Motoren und der Genua, denn der Wind hatte mittlerweile gedreht.
Wasserstandsdifferenz durch Tide: ca. 20 cm
Motorbetriebsstunden: Steuerbord: 3,8 Stunden / Backbord 3,4 Stunden.
Zurückgelegte sm lt. Log: 0,4 sm
Die Kiele waren ca. 30 cm im Sand ein gesackt, wurden bei steigendem Wasserstand angehoben, jedoch sehr langsam. Sie schlugen durch den leichten Wellengang auf den Sandgrund auf, was an den Nerven zehrte.
Schäden lt. meiner Begutachtung: Kielsohlen insbesondere vorn und hinten und an tiefster mittiger Stelle ab geschrammt, sonst aber alles OK.
Am Abend richtete Lothar mit Renés Unterstützung ein Alarmpiepen in unseren Tiefenmesser ein und wir beschlossen, künftig vor jedem Ablegen eine gemeinsame Routenplanung zu machen.

Montag, 18. Juni, der Wind hatte wieder auf Ost gedreht und wir segelten bei Beachtung von Wind und Untiefen den einzig möglichen sinnvollen Kurs von 300°. So gelangten wir um 13 Uhr in den kleinen Hafen Saeby, ein idyllischer Ferienort mit W-LAN-Anschluss für uns. Nach dem Ortsbummel und Erkunden der Strandpromenade einschließlich Kunstausstellung, Eisessen, Shopping im Anglergeschäft legte wir unsere Catorion abends in die Bucht vor den Hafen, um zu angeln. Dabei positionierte Lothar unsere Catorion vor die W-LAN Antenne im Hafen und wir konnten prima im Internet blättern und telefonieren über Skype. Ein romantischer Sonnenuntergang um 22 Uhr und eine ruhige Nacht mit Null Wind.

Dienstag, 19. Juni ist ein herrlicher Sonnentag, ein paar Deko Wölkchen, ruhiges Wasser, leider aber auch wenig Wind. Die beiden Herren an Bord machen einen kleinen Schwimmausflug und ich begebe mich zum Schreiben des Tagebuchs. Morgens gab es noch einen kleinen Anglerunfall: Auf Lothars sorgfältig aufgesteckten Wurm hatte ein Grundelfisch angebissen. Frisch aus dem Bett kommend fasste Lothar die Grundel mit bloßen Fingern an und verletzte sich an der scharfen giftigen Rückenflosse. Da kam meine Bordapotheke zu ehren. Gegenwärtig laufen wir unter Groß und Blister mit 2 -3 kn Fahrt gen Norden Richtung Skagen ca.21 sm. Nun haben wir bis Oslo noch ca.150sm vor uns, also werden wir versuchen, in den nächsten Tagen mindestens 50 sm gutzumachen. Den Hafen von Skagen erreichen wir gegen 17 Uhr und machen erstmals fälschlicherweise im Vorhafen fest. Beim Rundgang stellen wir fest, dass der eigentliche Hafenbetrieb doch ein Becken weiter im Ort stattfindet, und neben dran ist 4 noch ein riesiger Industriehafen. Alles ein bisschen schmuddelig und laut. In der ersten Reihe am Hafenkai sind reihenweise Fisch-Restaurants aufgebaut, in der zweiten Reihe gibt es die Nachtpuffs. Die Seeleute sind halt doch ein paar Monate unterwegs, bevor sie im nördlichsten und wahrscheinlich größten Hafen von Dänemark festmachen. Wir haben keine Lust, die Hafengebühr für diese ungemütliche Lage abzudrücken und legen uns wieder in die Bucht nördlich vor die Mole vor Anker. Leider haben wir diesmal weder im Hafen noch draußen eine Internetverbindung. Nur Lothar bekommt über Winlink einen Wetterbericht herein und ist sehr zufrieden damit. Wir liegen im nördlichsten Punkt von Dänemark im wilden Skagerrak – und das ganz ruhig. Beim Blick in den Himmel stelle ich fest, dass wir zunehmenden Mond haben, was in der Regel eine Folge von Schönwettertagen bedeutet.

Mittwoch, 20. Juni 2007 und Donnerstag, 21. Juni 2007 es weht zwar nur eine leichte Brise aus Südost, dafür macht Lothar um so lauter Dieselwind, und das schon um 7.30 Uhr. Er will unbedingt schnell nach Oslo. Der Luftdruck ist wieder auf 1013 hp gestiegen, der Himmel ist von Cirrocumuluswolken geprägt – feinen Schäfchenwolken. Mit 90 ° Ost geht es unter Motor erst mal aus der Bucht und dem Flach heraus und dann unter Groß und Blister nach Norden Richtung Oslo. Wir segeln unter mäßigem Südwest auf Ost drehenden Wind einen Tag und eine Nacht durch und erreichen morgens den Eingang zum Oslo Fjord. Eine dreistündige Wache wird eingeteilt: René ist von 20 Uhr – 23 Uhr, Lothar von 23 – 02 Uhr und ich, Renate, von 02 – 05 Uhr dran. Dann muss René wieder antreten. Ich erlebe dabei um 04.06 Uhr einen herrlichen Sonnenaufgang bei klarem Himmel. Später bei der Wache von René trübt er sich leider ein und es pieselt leicht – wird aber gen Abend wieder schön. René schlägt in seiner Wache Alarm, denn alle Navigationsinstrumente piepen jämmerlich und verabschieden sich. Der Strom war nach einem Tag und einer Nacht Segeln ausgeblieben, erstmals ein Blackout nach 7 Jahren unserer 2 Blei Gel Batterien von je 200 Ah. Es stehen schätzungsweise nur noch 30 % der Leistung zur Verfügung. Der GPS, der Windanzeiger, der Autopilot und sogar der Laptop mit der Seekarte verabschieden sich. Wir sind auf dem großen Wasser und wissen nicht mehr, wo wir sind, können weder Wind noch Fahrt auf einem Gerät ablesen, nur der herkömmliche Kompass tut es noch. Selbst die neuen Dieselmotoren, die Strom produzieren können, sind ohne Strom nicht mehr zu starten. Lothar ist deprimiert und ich erinnere ihn daran, dass wir doch immer noch den Generator haben, für den Notfall. Der wird dann auch eingesetzt und rettet die missliche Situation. Die Fahrt durch den Oslo Fjord wird dann auch traumhaft schön, klares Wasser, Hänge zu beiden Seiten mit netten kleinen Häuschen verziert, kleine Sportboothäfchen, viele kleine Inseln, Felsbrocken, die steil aus dem Wasser ragen und Sonnenschein. Abends legen wir vor Oslo Stadt noch im Fjord in dem schönen ruhigen Sportboothafen Stranda an, machen einen ausgedehnten Spaziergang und sind danach redlich müde, um am Freitag dem 22.6.07 die restlichen 15 nm in die Stadt Oslo zurückzulegen. Doch am nächsten Morgen nimmt uns ein ausgedehntes Tief jeglichen Spaß am Vorankommen. Ich hatte in Reiseführern gelesen, dass sich im Fjord die Wolken sammeln können und von einer Bergspitze zur nächsten wandern und wieder zurück, und das taten sie nun auch. Zum stärker werden Regen kommen starke Windböen dazu, die uns im Schwell gegen den Steg drücken, bis zu 25 kn. Lothar wird bei der Ausschau nach einem ruhigeren Liegeplatz fündig. Unter Einsetzen beider Motoren legt er mit Unterstützung von René ab, während ich am Steg bleibe, um die Leinen am neuen Platz entgegen zunehmen. Beim Ablegen reißt ein Fender ab und verbiegt dabei eine Relingstütze – Lothar hatte ihn zuvor sowohl am Boot wie auch und am Steg festgemacht und nicht weiter darüber nachgedacht. René holt dann nicht schnell genug die Festmacherleine hoch und sie verschwindet in der Motorschraube.- und so ein Ablegemanöver machen die Profis! Am neuen Platz ist es zwar ruhiger, der Regen nimmt aber weiter zu. Nachmittags gehen René und ich auf Nahrungssuche im Dorfladen. Dabei finden wir ein knappes Kilo frische Garnelen, die wir mit reichlich Knoblauch genießen ergänzt mit einem frisch gebackenen Brot. Ein Hafenmeister ist hier nicht anzutreffen, dafür aber Angler, die uns ein paar selbst gefangene Makrelen gegen Bier eintauschen. Sie verheißen uns, dass es zur Mittsommernacht schönes Wetter geben soll. 5

Am Samstag, 23.06.07 legen wir erst um 12 Uhr ab, immer noch im Regen. Der Wind kommt aus Nord, die Strömung ebenso, so dass wir mit einem Motor nur gerade mal so 4 kn zurücklegen können. Der Regen trübt die Sicht, die Schifffahrtslinie ist aber sehr gut betonnt und herausragende Felsen sind gut erkennbar. Auch unseren Radar setzen wir ein. Nach drei Stunden Fahrt legen wir in Oslo an einer Esso Tankstelle an und bunkern erst mal 242,66 l Diesel, der L/Preis umgerechnet zu 1 € . Die Berechnungen ergeben, dass pro Motor durchschnittlich 3,4 l/Betriebsstunde benötigt wurden. Dann legen wir im erstklassigen Sportboothafen in der City, der Herbern Marina an, zum stolzen Preis von umgerechnet 32 €. Ein Stadtbummel – im starken Regen versteht sich – brachte die nächste Erschütterung über die Preise. Die Garnelen kosteten den dreifachen Preis wie zuvor in dem kleinen Örtchen, ein Besuch in einer Gaststätte zum Genuss eines Tees und zweier Biere erforderte den Einsatz von 20 €. Die Mittsommerfete fiel regelrecht ins Wasser, ein Feuer hatte Mühe, dem Regen zu trotzen und ein mageres Feuerwerk konnte die Stimmung auch nicht retten. René war da beherzt und ließ sich den ausgedehnten Spaziergang nicht nehmen und kam genau so tropfend zurück wie schon in Laesoe. Auch der Rucksack wurde vom Rucksacküberzieher nicht wirklich gegen Nässe geschützt, denn René musste ihn zu einem dringenden Fotoshooting abstellen – und genau da war gerade eine Pfütze. Der Rucksack wurde so zwar nicht vom Regen von oben nass, leider aber von unten.

Sonntag, 24.06.07 – Donnerstag, 28.06.07 widmeten wir der Stadt Oslo, der historischen Altstadt, der alternativen Bummelmeile mit Drogenhandel und Streetworkern und den vielen Museen, insbesondere dem Wikinger, dem Kon-Tiki und dem FRAM-Museum. Anfangs begleitete uns noch unser Mitsegler René, der dann aber am Dienstag Abend per Bus nach Rostock zurück musste. Wie er uns später mitteilte, hatte er doch auf der Rückreise einige Probleme, schließlich tobte in der Ostsee ein Unwetter, was er in der Fähre erlebte. Doch davon spürten wir in Oslo wenig. Per Tourist-Ticket fuhren wir an zwei Tagen kreuz und quer durch die Stadt, per Straßenbahn, Bus und S-Bahn und Fähre – wie wir es von Rostock kennen – und selbst das Holmenkollen, die Skisportsprungschanze in 266 m Höhe war vor uns nicht sicher – Lothar humpelt heute noch. Der Liegeplatz in der in der City gelegenen Herbern Marine war uns aber doch zu teuer und zu laut, so dass wir uns in eine benachbarte idyllische Bucht an eine freie Muring legten. Aus dem nahe gelegenen Haus hieß uns eine weibliche Stimme willkommen, sie war Deutschlehrerin von Beruf, ihr Boot war gerade in einem anderen Hafen – sie berichtete von ihrem bevorstehenden eigenen Segeltörn an die Westküste von Norwegen. Tine – so hieß sie – berichtete auch von sozialen Schwierigkeiten in Norwegen. So hielten sich viele Ausländer hier auf, insbesondere aus Somalia. Die Gefängnisse in Norwegen seien inzwischen zu 80 % mit Ausländern belegt, die in der hiesigen Kultur nicht zurecht kämen. Bei unserem Stadtbummel war uns aufgefallen, dass hier tatsächlich viele Ausländer verschiedenster Nationalitäten anzutreffen waren, auch viele Asiaten, ein sehr buntes Bild.

Am Donnerstag, dem 28.06.07 mittags beschlossen wir, genug von Oslo, seinen Preisen und den Regenwolken zu haben, verabschiedeten uns von Tine und setzten uns gen Süden ab. Zunächst herrschte Windstille und wir motorten, dann ein deftiger Regen und Wind aus Südost, also gegen an und wir Schönwettersegler hatten keine Lust mehr. Wir verholten uns nach 26 sm in einen idyllischen Hafen im Fjord, genannt Soon, auf halbem Weg zwischen Oslo und Fredrikstad, am Ausgang des Fjords. Genau hier wird vom 19. – 21.07.07 das Multihulltreffen stattfinden. Der Liegeplatz im Hafen ist ganz nach unserem Bedarf, ein ruhiges Plätzchen mit einem Eisstand, einem W-LAN-Anschluss und auch einem Laden, wo wir auf Nahrungssuche gehen können, was Segler halt so braucht. Der Preis liegt bei 100 Norwegische Kronen, also 12,52 € Einheitspreis für Boote bis 10 m Länge. Überhaupt ist uns seit unserer Abreise aus Deutschland noch kein Aufschlag für Katamarane berechnet worden. Außerdem sind hier nette Leute anzutreffen, auch ein Katamaran-Segler, der das Multihulltreffen mit ausrichtet. Lothar hat gleich angekündigt, hier so 6 schnell nicht weg zu wollen.

Im Hafen Soon entwickelte sich ein buntes Treiben, viele Ausflugsgäste kamen per Boot oder Auto, die Klänge einer Hochzeitsfeier schallten über die Bucht, die Braut wurde zuvor mit weißem Schleier und Bikini bekleidet vom Boot aus ins 14 Grad warme Wasser getaucht. Insgesamt wurde wohl erst mal die am Wochenende zuvor ins Wasser gefallene Mitsommernacht nach gefeiert. Nach drei Tagen meuterte ich über die Belastung unseres Haushaltsbudgets durch die Hafenliegegebühr. Außerdem wollte ich ja noch Inseln und Schären erleben und drängelte auf ein Ablegen. Um Soon herum suchten wir nach geeigneten schönen Ankerbuchten und blieben hier bis zum Einlaufen in Fredrikstad am 04. Juli 2007.

Das Ankern war problemlos, allerdings mussten wir jeweils nach geeignetem Ankergrund suchen. Oftmals fielen die Felswände so steil ins Wasser, wie sie davor schroff nach oben aufragten. Das Wasser war klar, aber leider zu schnell zu tief. Auch machten wir die Entdeckung, dass jede Bucht ihre eigenen Windverhältnisse hatte. Insgesamt herrschte in diesen Tagen Windstille, wenn aber doch ein Lüftchen kam, dann war es meist auflandig, egal, in welcher Himmelsrichtung wir vor der Insel lagen. Auch der Weg der dicken grauen Regenwolken unterlag einer eigenen Logik. Wenn Wolke 1 von Backbord nach Steuerbord gewandert war, traf sie dort auf Wolke 2 und beide marschierten zurück, wo sie erfolgreich auf die inzwischen eingetroffene Wolke 3 stießen und sich gemeinsam vergnügten, ganz zu unserer Unlust. Ich ließ mir trotzdem die Lust am Schwimmen und Schnorcheln und Inspizieren des küstennahen Gewässers nicht nehmen und wanderte auf völlig einsamen Eilanden, wo sich sonst nur die Vögel auskennen. Wenn die Küste aus kargem Vulkangestein bestand, so konnte trotzdem bereits wenige Meter im Wasser eine reichliche Vegetation aufblühen mit unterschiedlichsten meist langstieligen Wasserpflanzen und zwischen drin tummelt sich die Kinderstube der Fische. Einmal sammelte ich große pralle Miesmuscheln ein und mir lief auf dem Rückweg schon bei dem Gedanken an die Zubereitung mit einer mediterranen Soße mit viel Knoblauch und einem guten Weißwein das Wasser im Mund zusammen. Zu meinem Schrecken meinte Lothar dann, die Muscheln könnten vergiftet sein und kochte sie wie Babywindeln im Süßwasser aus. Im Ergebnis waren sie geschmacksneutral und bissfest und verdarben mir jeglichen Appetit darauf. Ich legte daraufhin einige Fastentage ein, konnte ja auch nicht schaden.

Das zu viele Wasser von oben vertrieb uns dann doch aus den Buchten und wir kreuzten gen Süden auf, in der Hoffnung, am Ausgang des Fjords bei Fredrikstad eine freundliche Sonne vorzufinden. Der Wind kam wie oft aus der falschen Richtung. Wir kreuzten zwischen Moss und Horten und nachdem wir die Fährlinie zwischen beiden Orten zum dritten Mal kreuzten, gaben wir die Hoffnung auf ein Vorankommen unter Segel auf und waren unter Motor erfolgreicher. Beim Weg durch die Schären entwickelten sich Unstimmigkeiten zwischen Lothar und mir, ob die elektronische Seekarte größtmöglichst aufgezoomt sein sollte (Lothars Meinung) oder auch einen Gesamtüberblick unseres Weges bis zum angepeilten Ziel (Renates Meinung) bieten sollte. Nach längerem unerfreulichen Hickhack machte ich auf dem Display ein zweites Fenster für die Gesamtübersicht auf und wir beide hatten unseren Willen. Bei den Differenzen ärgerte ich mich über die Hektik, die Lothar beim Ablegen und der Routenbewältigung an den Tag legte und bemängelte zu wenig Absprache, wo wir doch jetzt auf Langfahrt alle Zeit der Welt und vor allem keine Eile mehr haben und uns vertragen müssen. Nach längerer Diskussion notierte ich deshalb folgende Regeln – und sie erhielten Lothars Zustimmung: Vor jeder Abfahrt sind: – im gemeinsamen Gespräch Bedingungen abklären: Wetter, Wind, Wohlergeben der Crew – gemeinsame Routenplanung, soweit möglich, mit elektronischer Seekarten 7 – Aufgabenverteilung, Wachwechsel – Auswertung am Tagesende. Eine Beachtung dieser Regeln soll durch ihren hervorgehobenen Platz gewährleistet werden, nämlich als Vorblatt zum Logbuch. Am 04.Juli.2007 abends um 20 Uhr erreichten wir vor einer Brücke das Zentrum von Fredrikstad, machten einen freien Liegeplatz vor einem Restaurant aus und legten an. Wie wir später erkundeten, waren es private Liegeplätze, die Pächter waren mit ihren Schiffen auf Urlaubsfahrt und keiner hatte Einwendungen gegen unser Festmachen. Wir hatten hier Wasser und Strom, Supermärkte vor unserer Tür und fanden an einem Erdbeerverkaufsstand einen Platz, wo W-LanEmpfang möglich war und damit der Weg ins Internet und umsonst Telefonieren mit Skype. So wollen wir hier das Multihullmeeting abwarten. Verschiedene Boote legten in nächsten Tagen zum Rasten und Bunkern von Wasser und Lebensmitteln an unter anderem auch eine nagelneue Hallberg-Rassy, von dem Schweizer Eigner aus Göteborg abgeholt. Er wollte erst mal die „Kinderkrankheiten“ im hiesigen Revier testen und dann zusammen mit seinem Freund weiter bis nach Marokko segeln. Die beiden waren beruflich ehemals Flieger und hatten dementsprechend exakt ihren Törn geplant und bereits alle an zulaufenden Häfen bis Marokko aufgelistet. Ob das wohl klappt? Die mitsegelnden Frauen beklagten sich bereits über mangelnde Lebensqualität an Bord und die männlichen Crewmitglieder hatten Kompetenzprobleme mit dem Kapitän. Insbesondere der segelerfahrene Fritz beklagte die Hektik des Schiffseigners bei technischen Arbeiten an Bord. Fritz war auf eigenem Schiff viele Jahre in der Karibik unterwegs gewesen, bis ein Hurrikan sein Schiff, das gerade in einer Werft in einem mexikanischen Hafen hoch und trocken lag, vollständig zerstörte. Er war zwar von der Versicherung entschädigt worden, hatte aber keine Lust mehr auf ein eigenes Schiff, sondern segelte lieber mit. Nun muss er sich allerdings unterordnen. Vor einer Weiterfahrt ließ der Kapitän noch seinen Tank von der Wassertankstelle auffüllen, musste aber bei Kontrolle seiner Rechnung die Erfahrung machen, dass statt der 47 Liter Diesel eine Summe von 470 Liter aufgeführt und der Preis auch schon von seinem Visa-Konto abgebucht worden war. Solche Irrtümer passieren eben auch in Norwegen. In nächsten Tagen ließ der Himmel einen blauen Lichtblick durchschimmern, und wir machten uns an das Kennen lernenunsrer Umgebung heran und die Fahrräder wurden klargemacht. Unser Liegeplatz war zwischen der geschäftigen Innenstadt mit Shopping Center und Fußgängermeile und der Gamblebyen, der historischen Altstadt, gelegen. Gleich neben an liegt die kleine Blumeninsel mit dem Segelclub, wo das Treffen geplant ist. Die Wasserwege in der Stadt sind mit 2 sich für den Wasserverkehr öffnenden Brücken versehen, die Brücke über die Autostraße sowie die Eisenbahn sind so hoch, dass sämtlicher Schiffsverkehr durchpasst. Außerdem bietet sich die Benutzung der Fähre für 10 NOK an. Die Stadt wirkt liebevoll gepflegt und der Verkehr passt sich ruhig ein: Keine Ampeln, sondern Kreisverkehr, kein Hupen sondern rücksichtsvolles Fahren, Halten an Zebrastreifen für passierende Fußgänger oder Radfahrer, wenig Verkehrsschilder kaum Verbote, nahezu jede Straße hat einen extra Fahrradweg, vor allem die Brücken. Das Miteinander hier ist durch Rücksicht und Freundlichkeit geprägt, überall erhalten wir bereitwillig Auskünfte. Das wesentliche Problem hier stellen für uns allerdings die Preise dar, die für ein deutsches Durchschnittseinkommen nicht gemacht sind. Trotzdem treffen wir auf einige deutsche Touristen, insbesondere bei einem organisierten Kirchentag in Gamblebyen, der historischen Altstadt und auf einige Reisegruppen aus dem südostasiatischen Raum. In den Straßen sind ganz selbstverständlich viele Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben anzutreffen, auch viele Kinder offensichtlich afrikanischen Ursprungs, die in den Familien in Norwegen aufwachsen. Das Wochenende Mitte Juli ist von dem Glomma-Fest, einem Musikerlebnis in der BummelHafenmeile und der Altstadt geprägt Irische und keltische Musik tönt über die Glomma, dem größten Fluss Norwegens. 8 Beim Bummeln an den Straßenrestaurants vorbei und den dekorativen Fischmahlzeiten steigt unser Appetit auf eine Fischsuppe. Wir kaufen kurzerhand allerlei Zubehör ein, verschiedene Fischsorten unter anderem treffen wir auch auf Walfisch. Wie wir in unserer Küche feststellen, ist das eine absolute Delikatesse: Es hat die Farbe von schierem Rindfleisch, geschmacklich eine Steigerungsform von Straußenfleisch. Es schmeckt ohne jegliche Gewürze, leicht salzig. Wie wir später von Dänen erfahren, gibt es Walfisch nur noch in Norwegen zu kaufen, in den anderen europäischen Ländern steht er unter Artenschutz. Die Tage bis zum 19.07.2007 sind geprägt vom Kennen lernen der Umgebung, Fahrten mit Fahrrad oder Bus nach Sarpsborg und Moss, sofern der Dauerregen uns aus dem Schiff lässt. Just als wir morgens nach Tondsberg zu alten Wikingergräben aufbrechen wollen, läuft die „Arche Noah“ hier ein und Waltraud und Erwin begrüßen uns voller Freude. Sie kamen gerade aus dem 20 sm entfernten Stromstad in Schweden. In den Folgetagen laufen die angekündigten Kats und Tris hier ein, insgesamt sind 82 teilnehmende Boote angemeldet. Eric aus Berlin, Liegeplatz Wolgast, kommt mit seinem Trimaran „Trixi“ noch am Freitagabend, den 20.07.07. Das unfreundliche Starkwindwetter mit Dauerregen hatte ihn aufgehalten. Aus Rostock begrüßt uns Alex, der mit seinem Sohn auf seiner kleinen Tiki, einem 23ft langem Warram Kat her, gesegelt hat. Auf den beiden Rümpfen ist am Baum ein Zelt aufgehängt, geschlafen wird aber doch in den Rümpfen. Das geht Per Trailer wieder nach Rostock zurück der Sohn fährt nach einer Motorrad Tour durch Norwegen mit der Fähre zurück. Alex bekommt bei der späteren Preisverleihung die Auszeichnung, das kleinste Boot von Rostock Schmarl nach Fredrikstad gesegelt zu haben. Der Trimaran „Wilde Pferde“ läuft ein und versucht, an unserer Backbordseite festzumachen. Dabei gelingt das Manöver nicht vollendet und mit seiner Steuerbordspitze, mit der er sonst durchs Wasser schneidet, fährt er in unseren Backbordrumpf kurz über der Wasserlinie hinein. Das Material ist nicht ganz durchtrennt, so dass eine Schnellreparatur erfolgreich ist. Jetzt trägt unser Schiff bis zur nächsten Lackierung ein dickes weißes Pflaster an der Backbordseite. Über das Multihulltreffen vom 19.-22.07.2007 in Fredrikstad lässt sich im Multihullbooten oder unter Multihull-ev.de nachlesen. Am Freitagabend machen wir ein schönes Gruppenfoto und schicken es gleich auf die Internetseite des Vereins. In diesen Tagen beginnt ein traumhaftes Wetter, wohl nach dem Neumond Mitte Juli. Zwischen den Seglern entwickelt sich reger Gesprächsstoff, über Motorprobleme, Schiffsausbau, Energieversorgung an Bord, Segelreviere, Einklarierungsfragen und vieles mehr. Lothar ist durch den Batterieausfall auf dem Weg von Skagen bis zum Oslo Fjord beunruhigt und möchte am liebsten zwei neue AGM Batterien, die auf dem neuesten technischen Stand sind, in Fredrikstad kaufen. Wir erkundigen uns in einem Bootsbedarfsgeschäft und einem Supermarkt nach Kaufmöglichkeiten und Preisen. Vieles spricht für neue Batterien, insbesondere die Sicherheit an Bord. Dagegen sprechen die Preise in Norwegen und auch die Frage der Durchsetzung von Gewährleistungansprüchen im Pannenfall. Walter von dem Katamaran ILLWA VIII. erkundigt sich telefonisch bei einem norwegischen Geschäftspartner und der rät vom Kauf in Norwegen ab, da die Batterien im Durchschnitt 20 % teurer als in Deutschland sind und 25 % Mehrwertsteuer kosten. Gut wäre aber eine Starterbatterie für die beiden Motore, so dass ein Ausfall, wie wir ihn beim Einlaufen in den Oslo Fjord erlebt haben, sich nicht wiederholen kann. Am Freitagnachmittag ist Open Ship Day angesagt, also Besuchsmöglichkeit für Jedermann auf den Booten. Zu uns kommt Ursula, eine Frau aus Leipzig, die vor 20 Jahren noch vor Öffnung der Mauer in Kühlungsborn einen Norweger kennen lernen und geheiratet hat und mit ihm nach Fredrikstad ziehen konnte. Auch nach der Trennung von ihrem Mann ist sie hier geblieben. Wie sie sagt, findet sie so viel Freundlichkeit und Ruhe der Menschen nicht in Deutschland und genießt hier auch die Natur. Sie lebt von zwei kleinen Renten, eine aus Deutschland, aufgestockt von einer kleinen Rente von ihrem neuen Wohnsitz. Allerdings steht ihr die in Norwegen geleistete Grundrente nicht zu, dafür müsste sie mindestens 40 Jahre lang ihren Wohnsitz hier gehabt haben. Der Open Ship Day ist zwischen den Bootsleuten natürlich während der gesamten Tage eine 9 Selbstverständlichkeit. Es wird bei den gegenseitigen Besuchen und Bootsbesichtigungen viel gefachsimpelt und Erfahrungen werden ausgetauscht. Der Segelmacher Norbert empfiehlt uns, nach unseren gut 20.000 bereits zurückgelegten sm die Wanten auszutauschen, insbesondere die am meisten belasteten Oberwanten. Außerdem macht er auf meinen speziellen Wunsch hin den Vorschlag, unser Dingi auf der hinteren Plattform schräg zu lagern, so dass es bei Bedarf einfach nur ins Wasser geschoben und auf dem gleichen Weg wieder herausgezogen werden kann. Dafür müssten speziellen Rutscher angebracht werden. Im Moment hat der installierte Windpilot auf der Plattform noch seinen Platz, wobei ich aber inzwischen Zweifel hege, ob er überhaupt seiner Aufgabe nachkommt und vom Wind angeströmt werden kann, oder aber nur ein Bremsklotz bei der Fahrt durchs Wasser ist. Walter meint aus seiner Erfahrung heraus, dass die Segelfläche unseres Windpiloten zu klein sei. Wir wollen ihm aber noch eine Chance geben und ihn auf dem Weg über die Nordsee ausprobieren. Walter und seine Frau Ilse haben einen gut 30 Jahre alten Katamaran Apache und laden uns ein, bei der Regatta der Multihulls auf ihrem Boot mitzusegeln. Es ist immer wieder interessant, die Ausstattung anderer Boote kennen zu lernen. So zum Beispiel zeigt uns Walter sein Ankergeschirr, einem 10 m lange Edelstahlkettenvorlauf, der mittels eines Verbindungsstückes aus Edelstahl mit einer 50 m lange Leine versehen ist und Walter meint, dass er großes Vertrauen darin hat. Ich interessiere mich deshalb so dafür, weil unsere Kette mit dem lediglich verzinkten Teil langsam vor sich dahinrostet und ihr Ende abzusehen ist. Uli von dem Trimaran Maseratri kennt sich mit Computern aus und bringt die Kommunikation zwischen unserem Laptop und dem noch in Rostock erworbenen Receiver in Gang, so dass endlich bei uns an Bord der Abendkrimi im TV gesehen werden kann. Dazu finden sich am Sonntag Abend Eric und Irmi von der „Trixi“ bei uns ein. Irmi schenkt mir ganz zu meiner großen Freude ihren 10 l Rotweinkanister. Sie will ohnehin bald nach Berlin zurück Bei uns an Bord herrscht inzwischen beinahe alkoholfreie Zone und in Norwegen lässt sich einfach kein Alkohol kaufen. Nur der uns vom ROYC beim Abschied geschenkte Sekt und der vom meinem Kollegen geschenkte Rotwein von Saale und Unstrut ist noch unberührt und soll erst auf dem Atlantik geöffnet werden. Inzwischen setzt hier wieder der gewohnte Dauerregen ein und von Deutschland hören wir von schwerem Unwetter. Es wird wirklich Zeit, dass wir nach Süden kommen. Am Montag, dem 23. Juli 07 legen wir gemeinsam mit der Arche Noah aus Fredrikstad ab. Erwin und Waltraud wollen durch die schwedischen Schären, wir Südwestwerts entlang der „norwegischen Revieraküste“ nach Kristiansand als Absprung nach Süden, wahrscheinlich Borkum. Über Einzelheiten wird dann der Wind entscheiden. Wir brauchen endlich wieder einen Supermarkt, wo wir sorglos mit unseren Euros und hoffentlich wieder normalen Preisen Lebensmittel bunkern können. Lothar will Ausschau nach den Batterien halten und über eine Erneuerung der Ankerkette müssen wir noch einmal nachdenken. Am Freitag, den 27. Juli 07 legen wir auf dem Weg gen Westen in Arendal in der City an. In Norwegen haben die Sommerferien begonnen und viele norwegische Urlauber zieht es in ihre Sommerparadiese. Die Wasserstraßen sind von Motorbooten aller Größen und aller Geschwindigkeiten geprägt, sie stellen das allgemeine Transportmittel dar und werden auch als Taxis genutzt. Die Regenschauer sind zeitlich kürzer geworden, aber mindestens ebenso intensiv wie im Oslo Fjord. In Arendal treffen wir beim abendlichen Stadtbummel auf Martin Setzkorn und Katharina Scheel. Sie werden hier an einer Soling Regatta teilnehmen und Martin sieht gute Chancen für eine Placierung auf den vorderen Plätzen. Wir studieren inzwischen fleißig die Wetterkarte und hoffen auf baldiges Weitersegeln. Sonntag, 29.07.2007 Weg von Arendal/Norwegen nach Hirtshals/Dänemark Diesem Tag gebührt ein extra Ordner in meinem Bericht. Ich schreibe ihn einige Tage später, denn 10 an dem Abend dieses Tages waren wir froh, heil und erschöpft ins Bett zu fallen. Auch am nächsten Tag brauchten wir Zeit, uns zu erholen und die Schäden am Boot zu erkennen und soweit möglich, zu reparieren. Es war ein Tag voller Extreme. Die Nacht zuvor lagen wir mit unserer CATORION an der Pier mitten in der Stadt Arendal und erlebten hautnah ein Musikfestival und feiernde Urlaubsnorweger an einem der wohl schönsten Ferienorte des Landes. Traumhaftes Wetter, tiefblaues Wasser, aus dem die dunklen Schärenblöcke sich erheben. Gefeiert wurde bis nachts um drei Uhr. Martin Setzkorn, den wir im Ort getroffen hatten, rätselte, wie er wohl bei dem schwachen Wind, bestenfalls drei Bf. und möglicherweise sogar noch umlaufend, die in nächsten Tagen geplante Soling-Regatta gewinnen könnte. Lothar meinte, dass wir doch bei dem herrlichen Wetter schon mal unseren Kurs nach Borkum abstecken sollten und nicht erst ab Kristiansand. Ein Blick in den Wetterbericht bestätigte sein Vorhaben. Er zeigte Wind aus Nord mit zwei Fähnchen – und in nächsten Tagen sollte er auf West drehen, was wir gar nicht brauchen konnten. Im Nachhinein muss ich sagen, dass wir diesem einen Wetterbericht vertrauten und nicht noch einige andere einholten, so dass wir einen guten Mittelwert hätten errechnen können. Das war leichtsinnig. Am Sonntag früh legten wir gut gefrühstückt ab und liefen erst mal die nächste Tankstelle an, um die noch übrigen NOKronen auszugeben. Ab 11 Uhr verließen wir die Schären und bald danach blies uns in der Nordsee ein kräftiger NW Wind um die Ohren, wie wir es uns vorgestellt hatten. Kurs war nach Borkum abgesteckt, 290 sm. Wind und Wellen waren zunehmend. Aus den 20 kn Wind wurden bald 22, dann 25, dann 30 und mehr. Im Groß wurde das dritte Reff eingebunden, trotzdem lief unsere Catorion weiterhin im Durchschnitt 8 kn. Die Genua Klemme gab bei einem Versuch, ein Stück weg zu reffen, unter Last ihren Geist auf und brach ab. Ersatz war an Bord aber bei dem Wind nicht zu Montieren. Also sind wir den ganzen Ritt mit voller Genua und Reff 3 gesegelt. Unsere Ruder Anlage gab uns nie ein Gefühl der Unsicherheit und wir hatten das Schiff immer im Griff. Die Wellen wurden immer heftiger und einige davon schlugen übers ganze Schiff. Der Steuermann erhielt einige kräftige Duschen und ich wünschte mir ein Sprayhood herbei. Als erster war der Windgenerator am Backbordheck überfordert. Er brach an der Stelle ab, an der der Noise Blocker ihn mit dem Rohr am Schiff verband und verschwand in den Nordseewellen. (Anmerkung von mir mit weiblicher Logik: Ein Windgenerator, der keinen Seewind verträgt, gehört nicht auf ein Segelboot). Irgendwann gab es ein schlagendes Geräusch vorn Steuerbord außen, was wir nicht verstanden, was dann aber wieder verschwand. Backbordseitig in der Küche vorn sammelte sich Wasser unter dem Fußboden. Es könnte durch das anfangs nicht völlig geschlossene Fenster eingedrungen sein. Allerdings muss ich bemerken, dass auch ich schwächelte. Als ich einmal vom Steuerrad wegging, um in die Tiefen des Rumpfes zur Toilette zu steigen, wurde mir ganz schön mulmig. Als ich zurückkam, bestand Lothar darauf, das Steuer weiter zu führen, um den Wind abreiten zu wollen. Offenbar musste auch er sich jetzt festhalten. Ich fühlte mich nicht wohl, legte mich aufs Sofa in den Salon und begann trotz dickem Segelanzug und Decke erbärmlich zu frieren, es schüttelte mich regelrecht. Irgendwann siegte doch der Überlebenswille, ein Griff nach dem Apothekenkasten und meinem Wundermittel und erwartungsgemäß war ich nach einer guten halben Stunde wieder auf den Beinen. Mein Angebot an Lothar, das Steuer wieder zu übernehmen, schlug er aus. Auch seine Toilettengänge waren ausgesprochen kurz und er wünschte sich eine Segelhose, die problemloser zu öffnen geht. Nach gut 30 sm fragte ich mich, ob wir das Abenteuer uns und unserem Schiff weiter antun sollten, zumal wir ja über Nacht segeln wollten und Wind und Welle zunahmen. Die See behandelte unsere Catorion wie einen Spielball, trug sie auf die Wellenspitzen hoch und ließ sie hart in die Wellentäler hineinklatschen. Der Schiffskörper ächzte und der Salontisch wurde hochgestampft, so dass die darauf stehenden Kaffeetassen gegeneinander schlugen. Warum schnitten wir die Wellen in einem spitzen Winkel, wo es doch sinnvoller wäre, uns von den Wellen tragen zu lassen? Auf der Seekarte am Computer spielte ich Alternativen durch und schlug Lothar vor, unseren Kurs von 11 210 Grad auf 150 Grad zu ändern. So könnten wir noch vor Sonnenuntergang Hirtshals an der westlichen Nordspitze von Dänemark erreichen. Lothar war von meinem Vorschlag sofort überzeugt und nach der Kursänderung hatten wir zwar ein noch schnelleres Schiff, aber ein angenehmes Auskommen mit den Wellen. Diese Erfahrung hat uns gezeigt, dass wir nicht langsamer als die Wellen fahren sollten, denn sonst könnte auch mal eine Welle von hinten einsteigen. Oft surften wir längere Strecken mit den Wellen, spürten kaum noch die Wellentäler und der Schiffskörper vibrierte. Das Log zeigte uns eine maximale Speed von 15,3 kn, der Windmesser zeigte jetzt 35 kn. Ich saß im Cockpit und bestaunte die von hinten heran rollenden Wellenberge und fing sie mit dem Fotoapparat ein. Glücklicherweise hatten wir den gesamten Tag über strahlenden Sonnenschein und noch vor Sonnenuntergang liefen wir mit Groß und beiden Motoren in den Hafen von Hirtshals ein. Über die Hafenmole schlugen dicke Brecher. Auch im Hafen war es noch unruhig und beim Anlegemanöver musste das Schiff schnell gesichert werden. Unser GPS zeigte eine Fahrt über Grund von 84 sm, und das in 9 Stunden. Ein Härtetest für Boot und Crew. An diesem Tag war die Schiffsküche erstmalig kalt geblieben. Beim Abendessen im Hafenrestaurant bestätigten wir uns eine gute Durchhaltekraft, keiner hatte sich das Frühstück noch mal durch den Kopf gehen lassen, wir hatten auch keinen Pfefferminztee getrunken und Schokolade dazu gegessen, so dass beim Übelwerden ein Geschmack von After-Eight hätte aufkommen können. Allerdings waren wir beide geschafft und hätten keine Nacht mehr durchsegeln wollen. Am nächsten Tag unterzog Lothar unsere CATORION einer Durchsicht. Durch einige Fenster war etwas Wasser durchgekommen. Lothar hat die Scheiben noch vor unserer Abreise neu eingeklebt, muss aber wohl noch etwas nacharbeiten. Das achterliche kleine Fenster in seiner Koje hatte er nicht fest verschlossen, so dass er abends ein Wasserbett vor fand. Das Wasser auf dem Küchenboden war unter dem Brückendeck eingedrungen und hatte sich den Weg nach Backbord gesucht, weil es auf der Fahrt unsere Leeseite war. Das Dinghi wurde klargemacht und unter dem Brückendeck bemerkte Lothar sofort die Ursache des eingedrungenen Wassers: Der Deckel auf dem Schornstein der Heizung hatte den Wassermassen nicht standgehalten, war weggespült worden und hatte die Öffnung freigegeben. Mein Vorschlag, die Öffnung doch ganz zu zukleben, fand kein Gehör. Dabei hatten wir die Heizung im Wasser noch nie in Betrieb genommen, sondern uns bei Kälte lieber ins warme Bett verkrochen – oder im Hafen elektrisch geheizt. Die weitere Durchsicht erklärte auch den Ursprung des Steuerbord vorn hörbaren schlagenden Geräusches: Vor Abfahrt hatte Lothar die von einem früheren Gutachter dringend für notwendig gehaltenen Seeschlagblenden an den Notausstiegsluken angebracht. Bei dem Ritt durchs Wasser war die Blende aus der unteren Führungsschiene gerissen und zerbrochen worden. Den Notausstiegsluken selbst hatten die Wassermassen nichts anhaben können und auch backbordseitig kommt kein Wasser mehr durch. Der Windpilot hat auf dieser Fahrt seinen Nutzen nicht beweisen können, dafür war der Wind zu stark. Er hat zwar nicht geholfen, hat aber auch nicht geschadet, bekommt also noch mal eine Chance, seine Daseinsberechtigung unter Beweis zu stellen. Lothar will das Ruder etwas höher ziehen, in der Hoffnung, dass sich damit die Bremswirkung des Rohres, an dem das Ruderblatt befestigt ist, mindert. Einzig das Rohr, das ehemals den Windgenerator getragen hatte, macht jetzt mit seinen heraushängenden Kabeln einen jämmerlichen Eindruck. Vermutlich wird Lothar darauf eine zweite Antenne bauen. Da auch in den kommenden Tagen starker Westwind angekündigt war, widmeten wir unsere Zeit der Ortsbesichtigung und Einkäufen. Hier gibt es Fleisch zu Normalpreisen und ganz normalen Alkohol in ganz normalen Läden und nicht in staatlichen Kontoren wie in Norwegen. Per Fähre fallen die Norweger hier zum Einkaufen ein und ein entsprechendes Warenangebot wird dafür vorgehalten. Neben dem Hafen ist ein breiter Sandstrand und lädt zum Baden ein. Ich vermisse die von Norwegen gewohnten Schären, statt der steil aufragenden Felsbrocken gibt es hier nur überall flachen Sandstrand. In den nächsten Tagen mache ich per Bahn meine erste Heimfahrt, während Lothar wieder Zeit zum 12 Basteln und Reparieren hat. Mittwoch, dem 08.08.2007, Hirtshals Ich wache an diesem Tag sehr früh auf und mir ist nach Ablegen. Lothar meutert zwar, aus dem Bett geworfen zu werden, freut sich dann aber auch, bei Sonnenaufgang morgens um 05.30 Uhr die Hafenausfahrt zu passieren. Wind und Welle haben in der letzten Woche abgeflaut, ein WSW Wind, Stärke 3 – 5 bf ist angesagt, wird jedoch auf See noch schwächer und motoren ist notwendig. Der Horizont ist diesig, Feuchtigkeit hängt in der Luft. Ein Hornhecht würdigt Lothars Angel und wird zum 2. Frühstück. Die See ist spiegelglatt und die Jammerbucht, wie sie auf der Seekarte bezeichnet wird, verdient heute ihren Namen nicht. Trotzdem bekomme ich beim Betrachten der vielen eingezeichneten Wracks ein ungutes Gefühl und sehe zu, diese Stellen zu umfahren. Das Barometer sinkt von1013 auf 1012. Da wir mittags das Motoren leid sind, steuern wir nach 55 sm Hanstholmen an, einen Fischfang- und Industriehafen. Schließlich steht unser Mittagessen an. Der am Abend zuvor von Anglern erhaltene Dorsch simmert leicht in einer Gemüsebrühe und wird durch eine mit Honig und Weißwein gewürzten Senfsoße verfeinert und zu frischen dänischen Salzkartoffeln serviert. Dazu gibt es unseren gekühlten Lieblingswein zum Fisch, Chardonnay, in Dänemark wieder zu erwerben. Am Donnerstag, 09.08.07 setzen wir unseren Trip gen Süden weiter gen Thyborön fort, dem Eingangshafen zum Limfjord. Der Wind ist noch weniger, die See noch glatter geworden, eigentlich gibt es schon gar keine Steigerungsform mehr. Nach 33 sm erreichen wir den Limfjordeingang. Der Gezeitenstrom ist einlaufend und verschafft uns 2 kn zusätzlich. Wir passieren eine ausgedehnte Boddenlandschaft und halten uns wohl wissend in der gut betonnten Fahrrinne. Am Vormittag erreichte uns per SMS eine Anfrage aus Marienheide aus dem tiefsten Westdeutschland, wo wir denn stecken würden und ob Lothar nicht zur Feier der Goldenen Hochzeit seiner ältesten Schwester kommen wolle. Ja – wann war die Feier denn noch mal und wo steckt die Einladung? In meinem gut geführten Büro an Bord findet sich alles wieder, gefeiert wird am 10.08.07, dazwischen liegt noch eine Nacht und ein halber Tag, ausreichend Zeit, um per Zug nach Marienheide bei Köln zu fahren. Wir motoren zum nächstgrößeren Ort Lemvig in der Hoffnung, dort einen Bahnhof und eine Fahrverbindungsauskunft zu erhalten. Der Stadthafen bietet sich zum Anlegen an, direkt vor der Fußgänger-Bummelmeile. Lothar begibt sich zur Fahrt zu seinen Verwandten und ich freue mich auf die “Lidenlund Festuge 2007, gefeiert in Lemvig vom 12. – 18. August. Eine Woche später ist Lothar zurück, wir treffen noch einige Vorbereitungen und am Donnerstag, dem 16.08.07 starten wir unseren Weg nach Borkum. Zunächst geht’s nach Thyborön zum Ausgang des Limfjords zurück. Hier werden wir am Kai schon erwartet: Eine getigerte Katze mit weißen Pfoten kommt an Bord und nach einer ersten Besichtigungstour zieht sie bei uns ein. Als nächtlichen Schlafplatz hat sie sich Lothars Bett ausgesucht. Wir fragen uns, ob sie auch seefest ist, wollen es dann aber doch nicht darauf ankommen lassen und verabschieden sie bei Weiterreise 2 Tage später. Samstag, 18.08.07 versuchen wir erneut, bis nach Borkum durchzustarten, belassen es aber mangels ausreichenden Winds bei dem Hafen von Hvide Sande. 47 sm unter Motor reichen. Wir treffen auf einen wunderschönen Ferienort voller deutscher Touristen. Unser Schiff fand seinen Platz am Kai mitten im Ort nahe der Fischauktionshalle. Für die Urlauber werden wir auf ihrer Flaniermeile zum Besichtigungsobjekt und erleben allerlei kunterbunte Fragestellungen. Beim Warten auf geeigneten Wind aus Ost oder zumindest Nordost fragen wir allerlei Wetterberichte ab. Gewarnt werden wir wegen instabiler Wetterlage. Trotzdem reizt uns am Montag früh die Auskunft von windfinder.com, wonach ein Ostwind Stärke bis 5 bf die dänische 13 Nordseeküste beherrschen soll. In der deutschen Bucht soll es allerdings mehr blasen, alles aber bei Ostwind. Wir legen also am Montag, 20.08.07 mittags nach einem dicken Regenschauer kurzentschlossen ab, Richtung Borkum, knapp 150 sm. Das müssten wir doch bis zum Abend des nächsten Tages schaffen. Beim Verlassen der dänischen Küste empfängt uns herrlicher Sonnenschein, leicht kräuselige See, Wind aus Ost mit 16 – 20 kn. 200 Grad liegen an. Ein regelrechtes Rentnersegeln, genau für uns gemacht. Der Luftdruck ist stabil bei 1007 hp. Ich kann in aller Ruhe den am Vortag bei der Fischauktion ersteigerten 2 kg schweren Pollak schuppen und zubereiten und er schmeckt vorzüglich. Zur Kaffeetrinkenszeit beginnt ein Regenschauer, der Wind nimmt ab, so dass wir für eine Stunde – nicht zuletzt zur Erhaltung der Batteriekapazität – einen Motor an werfen. Während der folgenden Nacht halten wir in 2 stündigem Wechsel die Wache. Mich nervt dabei, dass wir von Hand Ruder gehen müssen. Wofür haben wir einen elektrischen Autopiloten, einen hydraulischen Autopiloten und einen Windpiloten? Lothar meint, dass wir für die Geräte nicht den passenden Kurs haben, kann ich aber nicht so ganz glauben. Auch am nächsten Morgen sind Wind und Wellen weiter mit uns, allerdings wird die See unruhiger, der Ostwind bleibt, fegt uns inzwischen aber ganz ordentlich in unsere gewünschte Richtung. Am späten Nachmittag passieren wir die Verkehrstrennungsgebiete Deutsche Bucht, die Sicht ist inzwischen etwas diesig geworden und Lothar meldet uns vorsorglich bei der Radarüberwachung an. Gegen 18 Uhr treffen wir auf die Untiefentonne vor dem Borkumer Flach und ich lotse Lothar anhand der Seekarte bis zum Eingang des Prickenweges. Wie sich dann zeigt, haben wir gerade den unterschätzt. Wir laufen kräftig auf, und das bei achterlichem Wind von 35 kn und dicken aufschlagenden Wellen. Ein Zurück und Anlaufen einer anderen Insel gibt es nun nicht mehr, nur noch ein Ausharren bis zum auflaufenden Wasser. Lothar legt also den Anker vor das Schiff, möglicherweise war es zu wenig Ankerkette. Ich lege mich kurz hin und wache erst wieder durch mehrfaches starkes Rucken des Schiffes auf. Lothar hockt bereits vor der Ankerkette und stellt fest, dass die Kette so steif ist, dass er den Anker nicht mehr aufzuholen geht. Es ist inzwischen morgens um 6.30 Uhr und laut Tidenkalender haben wir hightide. Lothar sägt kurzerhand ein Kettenglied mit der Eisensäge durch und wir lassen den Anker zurück. Vorsorglich bindet er noch einen großen runden Catorionfender daran und wir wollen ihn bei ruhigerer See holen. Am 22.08.07 um 07.30 Uhr laufen wir dann im Hafen von Borkum ein und gehen erst mal schlafen. Wie wir uns später die Geschehnisse vorstellen, muss wohl unsere Catorion durch den auflaufenden Schwell und möglicherweise die zu kurze Ankerkette mächtig geschoben worden sein. Der Anker grub sich tief in den Sand ein, die Kette war absolut steif. Dabei brach dann die Hahnepotleine an der Kettenkralle und damit lag der volle Ankerzug auf der Ankerwinsch, die für soviel Kraftzug doch nicht geschaffen war. Die Ankerwinsch ist mittels eines Edelstahlbleches auf dem Schiffsrumpf befestigt, dessen Schrauben rissen mitsamt der Unterlegringe aus der Laminatsbefestigung. Das Edelstahlblech, auf dem die Ankerwinsch steht, verbog sich. Bis auf den Anker sind aber noch alle Teile vorhanden und Lothar hat wieder viel zu Basteln. Zu allem Übel brach der Seewind auf den letzten Seemeilen vor Borkum Lothars Angelrutenfunkantenne ab, so dass er bis zum Austausch durch eine ersatzweise in seiner Werkstattkoje noch vorhandene Antenne im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos blieb. Tags darauf hatten sich Wind und Welle beruhigt und wir starteten mit der Ankersuche. In den Magellan Hand GPS gab ich die Position des Verlustortes ein und Lothar fuhr mit dem Schlauchboot hin, fand aber vor Ort den dicken Catorionfender nicht mehr vor. Später ging ich mit Schnorchelutensilien zur Zeit des Gezeitenwechsels hin und suchte nach dem Anker und der 10 m Edelstahlkette, die im klaren Wasser doch hätte blinken müssen. Bei lowtide war der Wasserstand höchstens noch 1 m. Um mich herum tauchten nur einige Seehunde auf, die verwundert über meine Suche den Kopf mit den großen Knopfaugen zu schütteln schienen. Auf der nahe gelegenen Sandbank platschten mindestens 20 dicke Seehundleiber vor mir ins Wasser. Kormorane tauchten aus dem Wasser mit Fischen in ihren langen Schnäbeln und die Dwarslöper rannten zwischen 14 meinen Füßen. Möwen lieferten mit ihrem Gekreische die Klangmalerei hierzu. Viel Natur ist hier vorzufinden. Der Anker scheint aber auf dem Weg zum Mittelpunkt der Erde zu sein und wir stellten die Suche ein. Ich muss wohl in einem der nächsten Häfen einen neuen Anker finden. Mittwoch, den 22.08.2007 – Mittwoch, den 05.09.2007 liegen wir im Hafen Henry Port in Borkum, wettern ab und es ist in dieser Zeit wieder viel zu reparieren. Lothar muss die abgerissene Ankerwinsch vor dem Mast neu einlaminieren und sie wird stabiler denn je zuvor. Über die Bootsbörse kann Lothar einen neuen – jetzt 20 kg schweren – neuen Bügelanker aus dem nahe gelegenen Emden abholen. Lothar genoss es, mit seiner Sackkarre bewappnet die schnellste Katamaranfähre Deutschlands zu benutzen, die mit 40 kn die Touris zwischen Emden und Borkum befördert. Jetzt fehlt uns nur noch eine Ankerkette, und die soll diesmal aus Edelstahl sein. Lothars jahrelanger Freund aus Gummersbach lässt seine Kontakte spielen und will uns schon bald eine Kette bringen. Nach Einschätzung der Sachlage meinen wir, dass mit dem neuen schwereren Anker eine nun 40 m lange Kette ausreicht, nicht mehr 60 m wie die vorherige, die bisher doch kaum in ihrer vollen Länge gebraucht worden war. Das spart wieder etwas Kosten für unser Rentnerbudget. Der Hafen Borkum, wohl ein früherer Militärhafen, hat schon mal bessere Zeiten gesehen, ist wenig windgeschützt und vier Windräder machen zudem den Lärm eines ständigen Sturms. Zum Einkaufen und fürs Internet ist der 8 km lange Weg zur Inselhauptstadt im Nordwesten gelegen zu bewältigen. Wir machen unsere Fahrräder klar und der nahezu tägliche sportliche Einsatz beginnt. In der Stadt treffen wir auf zwei schöne Restaurants, die für Gäste wie uns einen offenen Hotspot, den W-Lan-Anschluss, anbieten. So können wir auch über Skype telefonieren. Schwierig wird es nur, wenn jemand sagt: „Ruf doch noch mal heute Abend an“. Da ist dann die 8 km lange Anreise noch einmal zu bewältigen. Für Teilnehmer mit einem festen Wohnsitz und Telefon im Wohnzimmer schwer vorstellbar. Der nette Hafenmeister nennt uns schließlich als mögliche Einkaufsquelle einen Großhandel für Schiffsbedarf nahe des Fährbahnhofs, so dass wir vor Abreise noch gut Lebensmittel bunkern können. Auch ist er mit dem Kassieren des Hafengeldes nachsichtig und wir zahlen insgesamt nur 110 € und sind schließlich froh, endlich weiter zukommen. Mittwoch, den 05.09.2007 legen wir morgens mit ablaufender Tide ab. Der Tidenkalender wird in nächsten Wochen unser ständiger Begleiter sein. Wir machen uns mit dem Programm WXTide 32 gründlich vertraut. Bei Wind von 10 kn aus WNW und Schwell gegen an müssen wir bei unserem Kurs von 270 Grad nahezu ständig beide Motore. laufen lassen, um etwas voranzukommen. Mittags regnet es zudem noch. Nach 6 Stunden kentert die Tide und das Vorankommen wird noch schwieriger. Nach einem Etmal von 38 sm können wir schließlich in der etwas ruhiger gelegenen Bucht Engelmannsplaat Anker werfen, uns dem Mittagessen, einer im Tontopf geschmorten Lammkeule mit Klößen und grünen Bohnen, und dem anschließenden Mittagsschlaf widmen. Abends gibt es mangels festem Liegeplatz kein Fernsehen, sondern eine DVD aus unserem mitgebrachten Bestand an Bord zu sehen. Donnerstag, 06.09.2007 geht es morgens wieder mit ablaufender Tide weiter westwärts bis Vlieland. Gegen Mittag sind wir um die Huk der friesische Inselkette herum, können den Kurs von 270 Grad auf 240 Grad ändern und damit Segel setzen. Auch die harte Nordseewelle kommt nicht mehr von vorn, sondern von Steuerbord und wird damit erträglicher. Wir haben wohl endlich das harte Wettergebiet um Borkum hinter uns gelassen. Nach 48 sm peilen wir den ruhigen Hafen von Oostvlieland an und laufen ein. Der Hafenmeister nennt uns eine Liegegebühr, die in unserem geplanten Haushalt keinen Platz findet. Also kaufen wir lediglich eine Internetkarte von der KPN und tun es einem holländischen Plattbodenschiff gleich, das zum Übernachten in die Bucht vor den Hafen geht. Am nächsten Morgen stellen wir überrascht fest, dass wir hoch und trocken liegen und das Trocken 15 fallen so ruhig ging, dass wir es noch nicht einmal gemerkt haben. Weil das so schön ist und das niedliche Dorf zum Spaziergang einlädt, bleiben wir gleich noch einen Tag länger. Samstag, den 08.09.2007 Bei tief bewölktem Himmel und Wind aus 330 Grad legen wir wieder mit ablaufender Strömung morgens ab und binden vorsorglich 2 Reffs ins Groß. Offenbar haben wir damit den Wind so geschockt, dass er bis abends einschläft und wir bei ruhiger See nach 43 sm den Waddenhafen Texel erreichen. Zuvor aber sehen wir uns im gegenüberliegenden Festlandshafen Den Helder um. Der Industriehafen ist jedoch zu groß und der Yachthafen zu klein und die Anker bucht von der Windrichtung her zu ungemütlich für unseren Bedarf. Also soll es doch der Hafen an der Südwestseite von Texel sein. Der private Yachthafen ist ruhig gelegen, mit dem Luxus von frei zugänglichem Internet und einer warmen Dusche. Wir hätten sie noch ausgiebiger genießen sollen – denn es wird vorerst unsere letzte gewesen sein. Sonntag, 09.09.2007. Wir haben die lange Strecke von 64 sm bis Scheveningen vor uns, zuvor ist weder ein Hafen noch eine Flusseinmündung zum Ankern in der Seekarte eingezeichnet, nur viel Sandstrand zum Kaiten. Mit einem Kurs von 200 Grad können wir den Nordwestwind nutzen und laufen die gesamte Strecke unter Groß und Genua. Trotz der 18 Grad Lufttemperatur frieren wir in dem harten Seegang und sind abends geschafft. Montag und Dienstag, 10. + 11. 09.2007 bleiben wir im Hafen von Scheveningen und müssen einmal wieder abwettern. Der Wind bläst mit gut 35 kn, der Seegang sieht über die Kaimauer geblickt, wild aus und kein Segelboot geht aus dem Hafen. Die Hafengebühr ist erwartungsgemäß hoch, bei 62 €: für 2 Nächte, wie damals schon, als wir 2001 hier Schutz suchten. Dabei ist nicht mal eine Dusche oder eine Toilette geöffnet. Zwischen Hafen und Kaimauer wird ein riesiges Hafenservicecenter gebaut. Doch davon haben wir nichts, nur der Sand der Großbaustelle wird über unser Schiff und durch die Luke in mein Bett gepustet. Der nächste Regen lässt nicht lang warten und wäscht das Schiff wieder sauber. Lothar macht einige technische Einkäufe fürs Boot. In einem Yamaha-Shop bekommt er das viel gesuchte Relais für die Ankerwinsch, um die Kette nach dem Umbau der Ankerwinsch nun auch elektrisch ablassen zu können. Das war erforderlich da die Kettennuss sich nur noch mit zerstörerischer Gewalt lösen ließ. (Edelstahlwelle und Aluminium) Ich kaufe Lebensmittel ein, unter anderem frischen Kabeljau bei Aldi, den wir dann aber infolge seines Gestankes noch am gleichen Nachmittag zurücktragen. Beim Stadtbummel im Regen besuchen wir unter Benutzung der Straßenbahn den Strand und das exklusive Kurhaus, genießen die Spezialität von Scheveningen, die Pannekoken mit allerlei diversem Zubehör. Die hohen Kosten in Scheveningen lassen mich so bald es der Wind zulässt, zum Ablegen drängen. Dienstag, 11.09.2007 laufen wir 10 sm weiter südlich bis Hoek van Holland und gehen im 135 Grad Kurs in die Flussmündung des Maass etwa 12 sm bis Maassluis, zur alten Maassschleuse. Diese Tour hatten wir bereits vor 6 Jahren genutzt und hatten sie in guter Erinnerung. Als Vorlage nahm ich das damals geführte Logbuch. Im Seekanal passieren wir bei Hoek van Holland das Hochwassersperrwerk, das bei Sturmflut geschlossen werden kann und das Land hinter dem Teich vor Überschwemmungen schützen soll. Halb Holland liegt ja tiefer als die Nordsee und so muss das Trockenlegen und Trockenhalten schon sorgfältig vorgenommen werden. Wenn man die halb runden Tore des Sperrwerkes aufrecht stellen würde, wären sie höher, als der Eiffelturm. Einmal jährlich ist Generalprobe, begleitet von einem Volksfest. Die Tage seit dem 11.09.2007 bis heute, 20.09.2007 in Maassluis sind ruhig, entspannend aber auch sehr produktiv. Wir müssen jetzt noch das in der Nordsee tobende Tief Christoph nach Norden ziehen lassen und können voraussichtlich am Samstag weiter. Wir liegen in einem kleinen Hafenbecken zwischen zwei mehrmals täglich geöffneten Brücken in zweiter Reihe mitten in der Altstadt, und das wahrscheinlich völlig kostenlos. Dazu haben wir hier noch einen etwas schwachen 16 aber durchaus gängigen Hotspot, so dass wir uns im Internet austoben und vor allem die Windverhältnisse im Auge behalten können. Maassluis ist ein beschaulicher Ort mit einer Innenstadt wie ein holländisches Museum, kleine Häuschen mit niedlichen Blumengärtchen, zwei restaurierten Windmühlen, überall eingedämmte Wasserläufe oder Polder, ein weitflächiges Sportgebiet mit einem Wellnessbad und viele Geschäfte mit für uns preisgünstigen Waren. Das tut nach den hohen Ausgaben in Norwegen und Dänemark richtig gut. Hier wie auch schon in Scheveningen kaufen wir ordentlich ein: Unsere 11 kg Aluminium Gasflasche lässt sich an einer Autotankstelle mithilfe mehrerer Adapter für knapp 6 € füllen. Lothar kann ein Ankerkettenrelais für die Ankerwinsch zum Ausrollen der Kette erstehen, ein neuer Kettenhaken ergänzt das neu geflochtene Hahnepot. Lothars Freund kommt mit der neuen Edelstahlankerkette aus Gummersbach und das Ankergeschirr ist wieder komplett. Die neue Kette glänzt in der Sonne und strahlt genau so, wie Lothars Gesicht. Schließlich entdeckt Lothar bei seinen Streifzügen durch die Baumärkte und Autogeschäfte ein paar preiswerte Nassbatterien 225 Ah, welche mit unseren bisherigen in den Ausmaßen identisch sind und somit genau passen. Als Kundenservice werden uns die zwei neuen Batterien an Bord gebracht und die alten abgeholt, alles zum bisher günstigsten Preis von 230 € je Stück. Die gesamte Kaufsumme entspricht 15 Tage Liegegebühr in Scheveningen, so dass wir sie finanziell verkraften können. Unser Seefunkgerät war in den letzten Tagen verstummt, so dass wir uns schon bei der Einfahrt in den Wasserweg von Rotterdam bei der Verkehrsleitstelle nicht mehr anmelden konnten. In mehreren Internet Anfragen finde ich eine Firma in Rotterdam, die die Wartung von Seefunkgeräten anbietet. Also schwinge ich mich mit dem Gerät in den Zug nach Rotterdam und in die dortige Metro und anschließend einen Bus, muss aber noch einen längeren Fußmarsch durch das riesige Industriehafengebiet von Rotterdam zurücklegen. Interessant, wie viele Dienstleistungsfirmen und Schiffsausrüster und in welchen großen Ausmaßen hier anzutreffen sind. Vor verschiedenen Baustellen sind auch Autos mit deutschem Kennzeichen anzutreffen, so z.B. die Nr. von AZE (Anhalt, Zerbst). Schließlich frage ich entnervt bei einer Firma nach dem Weg, treffe auf einen jungen türkischen Geschäftsmann, der mir mit holländischem Akzent erklärt, dass er als Abiturfach deutsch hatte. Er bietet mir einen Kaffee an, lädt mich dann in sein Auto und fährt mich zum gewünschten Ort. Der Service der Firma, Netherland Radio, ist auch gleich bereits, sich mein Sorgenkind anzusehen. Ein Durchchecken ergibt, dass sich das elektrische Innenleben durch eine erlittene Überspannung zur Ruhe gesetzt hatte. Es musste nur wieder aufgeweckt werden und gegen einen Obolus für die Kaffeekasse wird das Seefunkgerät wieder heil. Die Tage in Maassluis sind zwar noch recht sonnig, die Nächte allerdings inzwischen recht kalt, so um die 12 Grad und wir frieren abends beim Fernsehen. Mangels Stromanschluss können wir nicht elektrisch heizen. Also wird an die Inbetriebnahme der von Lothar im Schiff eingebauten Gasheizung gedacht. Dazu muss allerdings der Unterflur Abgaskamin der Heizung geöffnet werden – und der ist unter dem Brückendeck, nur vom Wasser aus erreichbar. Aber – wer mag ins Wasser gehen und die Kappe des Schornsteins lösen, wenn man eh schon im Schiff friert? Nach mehreren Nächten des Nachdenkens macht sich Lothar daran, einen Verschluss für den Schornstein zu basteln, der sich vom Schiffsinneren neben der Heizung öffnen lässt. Das wird jetzt eine typisch Lothar’sche erfindungsreiche Kreation. Am Schiff kommen noch viele kleine Reparaturen und Änderungen hinzu, wie das Kleben des Genua-Unterliekstreckers, Änderung der Großschotführung, Befestigen der Heckdusche. Nach einer Woche wird das Wasser an Bord knapp und ein freundlicher Anwohner, der gerade seinen Campingbus ausstattet, erlaubt uns das Bunkern von einem Wasserhahn mit Kanistern, was wir früher schon als Ankerlieger oft geübt haben. In diesen Tagen beobachte ich nicht nur das Wetter im Programm windfinder.com, sondern plane schon mal auf der elektronischen Seekarte unsere nächsten Törntage bis Cherbourg. Dabei empfehlen sich die Routen: Hoek an Holland – Blankenberge hinter Zeebrücke – Gravelines – Boulogne – Dieppe – evtl. noch Port du Havre–Antifer – Cherbourg, insgesamt 285 sm auf der 17 Karte. Am Samstag früh soll es mit ablaufender Tide und hoffentlich sich öffnender Brücke vor dem neuen Wasserweg der Maass nach Hoek van Holland losgehen. Mal sehen, wie oft wir auf diesem Weg noch in Häfen ab wettern müssen, zumindest wollen wir gern wieder Schönwettersegler sein und sind das bisherige diesjährige Sturmsegeln leid. Zumindest wollen wir Wetter und Tide noch aufmerksamer als bisher beachten. Montag, 08.10.2007: Heute ist die Entscheidung gefallen. Wir konnten dem Angebot des Hafens Port Chantereyne und dem Reiz der Stadt Cherbourg nicht länger widerstehen und werden unser Winterlager für 6 Monate hier aufschlagen, also mit unserem Boot an einen Steg in den Hafen gehen. Erst im Mai 2008 werden wir mit neuen Kräften und guten passenden Winden zu den Azoren aufbrechen. So lange haben wir eine feste Adresse am Steg P für Passagiere: SY CATORION, Capitainierie Port Chantereyne, 50100 Cherbourg – Octeville, France. Hier sind wir erreich- und auch besuchbar. Unsere Gästekabine ist noch frei. Die Halbinsel hat einen eigenen Flughafen und auch einen Bahn- und Busbahnhof. Per E-Mail gilt weiterhin die Airmail Adresse: DL7AID@winlink.org oder catorion@gmx.net. Unsere Reiseberichte werden also erst im Mai nächsten Jahres ihre Fortsetzung finden. Am vergangenen Montag, dem 01.10.2007, sind wir mittags hier eingelaufen. Hinter uns lagen knapp 200 sm durchs Wasser, von Calais bis Cherbourg und das in 26 Stunden. Zu dieser langen Tour hat uns ein herrlicher Sonnenschein und ein purer Südostwind geradezu eingeladen. Es war der erste schöne Morgen seit längerer Zeit. Die Zeit davor, vom 22.09.07 bis zum 29.09.2007 von Maassluis bis Calais war geprägt von meist starkem Südwestwind und Regenschauern. Gegen Wind und Strom wäre die Fahrt an der Nordseeküste bis Vlissingen wenig erfolgreich gewesen. Wir hatten uns deshalb von dem idyllischen Ort an der alten Maassschleuse nicht auf die Nordsee hinaus getraut sondern waren dem Rat von Paul, einem Maassluiser Bürger, gefolgt und hatten den Binnenweg durch die Ooster- und Westerschelde gewählt. Das war zwar meilenmäßig weiter, dafür aber weniger aufregend und erfolgreicher. Außerdem mussten unter Motor die neu eingebauten Batterien geladen und ausprobiert werden. In Maassluis hatten wir nochmals voll getankt, der Liter Diesel zu 1,06 €. So führte uns die Kanalfahrt durch 2 Brücken, die für die Sportschiffe eigens geöffnet wurden, zum gepflegten Hafen Willemstad mit vielen Ausflugslokalen. Hier probierten wir in der zweiten Nacht in der Bucht vor dem Hafen gleich unseren neuen Anker und die silbern glänzende neue Edelstahlankerkette aus. An Hollands Diep vorbei ging’s weiter nach Wemeldingen, durch 2 Schleusen. Für Sportboote war jeweils eine extra Kammer vorgesehen, so dass die Schleuserei problemlos ging. In Warteposition konnten wir an einem bequem zu erreichenden Schlängel festmachen. Die holländischen Binnenwasserwege sind reichlich mit Frachtschiffen befahren, nicht selten steht auf den bunten Tanks der Name China. Daneben wirkten wir wie Zwerge in Gullivers Reisen. Es herrschte selbst im Binnenwasser starker Wellengang, Wind aus Südwest bis 35 kn, ein trüber Regentag. An diesem Tag wollten wir nicht auf der Nordsee sein. Im Yachthafen in Wemeldingen war bei diesem Wetter weit und breit kein Hafenmeister zu sehen und auch die Gegensprechanlage am Anmeldesteg war ausgeschaltet, so dass wir ganz uns selbst überlassen blieben ohne Landgang. Am Dienstag, dem 25.09.07 verließen wir die Oosterschelde, passierten einen Verbindungskanal Richtung Süden durch die Postbrücke, eine Eisenbahnbrücke und eine Schleuse Richtung Westerschelde bis zum Hafen Terneuzen. Beim Bummeln durch die Stadt und der Nahrungssuche bei Aldi oder Lidl war ich erstmals von einem holländischen Ort enttäuscht. Kein gemütlicher 18 Ortskern, dafür aber große Glasbauten für Banken und Immobilienhändler. Es hatten sich wohl die Geschäftsleute aus dem gegenüberliegenden Vliessingen hier niedergelassen. Bis zu einem brauchbaren Lebensmittelladen musste ich erst mal gut 20 Minuten laufen. Im Hafen trafen wir auf nette Holländer auf einem Boot aus Belgien, die am nächsten Morgen bald aufbrechen wollten. Hierzu sei angemerkt, dass der Hafenmeister uns ein Ablegen in die Nordsee hinaus erst zum Nachmittag ab 15.30 Uhr mit ablaufender Tide empfohlen hatte. Die Holländer brachen allerdings vormittags auf, kamen aber schon binnen einer Stunde, und das bei einsetzendem Hagelschauer, reumütig zurück. Das ließen wir und zur Warnung gelten und hoben erst gegen 16 Uhr ab. Die ablaufende Tide setzte dann erst etwa 2 Stunden später ein und wir wurden von der Strömung geradezu getragen. Der viele Schiffsverkehr um Vliessingen herum war aber nicht weiter bedrohlich, schließlich ist der Wasserweg breit genug. Die kurzen harten Nordseewellen von Steuerbord ließen bei uns aber wenig Fahrfreude aufkommen, so dass wir schon um 18 Uhr Schutz im Hafen von Breskens – noch Holland – suchten. Im Badeort Breskens trafen wir auf einige deutsche Urlauberautos und im Geschäft fanden wir den Stern und eine deutsche TV-Zeitung bis zum 19. Oktober. In einem Fischgeschäft probierte ich noch nie gesehene Muscheln aus. Es müssen wohl eine Art Seepocken gewesen sein, waren aber beim besten Willen ungenießbar zäh. Da hatte Lothar mit den „holländischen Neuen“, den neuen Matjes der Saison, schon mehr Glück. Entsprechend dem Diktat der Tide kamen wir am Freitag, dem 28.09.07, erst wieder gegen 15.30 Uhr aus dem Hafen heraus, Richtung 260 Grad. In dem anfänglichen Nordwestwind traute sich Lothar, den Blister zu setzen. Der Wind wollte aber nicht mit uns spielen und schlief schließlich ganz ein. Wieder freuten wir uns, wie schön doch die neuen Dieselmotoren ihre Pflicht erfüllen. Mit den alten Außenbordmotoren wären wir erst gar nicht bis hierher gekommen. Nach einer 4stündigen Fahrt erreichten wir bei beginnender Dämmerung Blankenberge/Belgien und beschlossen, hier zu übernachten und mit dem ablaufenden Wasser am nächsten Morgen möglichst früh abzulegen. Der Samstag, der 29.09.07, weckte uns mit starken Regenschauern und unlustig und verschlafen legten wir ab. Auf der Höhe von Nieuwport fiel Lothar ein, dass wir möglicherweise zu viel motort hatten und deshalb ein Tanken notwendig werden könnte. Also änderten wir den Kurs, suchten kurzerhand eine Tankstelle und fielen im Hafen mitten in ein Absegeln zum Saisonende ein. Das brachte uns seitens des Tankstellenwarts und der Organisatoren des Sportclubs wenig Aufmerksamkeit. Wir wurden erst mal in eine Warteschleife einsortiert, dann aber mit viel Entschuldigung in einem Mischmasch von englisch/französisch mit deutschen Brocken ergänzt bedient. Dabei fiel uns unsere bisher fehlende belgische Gastlandflagge auf, was wir sogleich in dem gut sortierten Shop der Tankstelle gutmachten. Der Liter Diesel war hier noch zu 1,01 € zu erwerben. Auf der weiteren Fahrt wich der Regen, trotzdem schwebte eine dunkle Nimbostratuswolke weiter über uns. Mit Genua unter Zuhilfenahme eines Motors erreichten wir gegen 16 Uhr schließlich den Hafen von Calais. Eigentlich wollten wir Calais aufgrund des befürchteten Fährverkehrs meiden. Wir trösteten uns aber in der Hoffnung, dass infolge des inzwischen in Betrieb genommenen Tunnels der Seewasserverkehr nach England nicht so schlimm sein könnte. In Calais trafen wir im südöstlichen Hafenbecken auf einen ruhigen Liegeplatz für Sportboote mit dem Angebot von Muringen. Ein großer Katamaran mit einem ungewöhnlichen A-Rigg lag bereits dort und der von uns angesprochene italienische Skipper sah keine Probleme, wenn wir uns neben ihn legen würden. Zu späterer Zeit kam noch ein kleinerer englischer Katamaran herein, den wir auf unserem Weg auf der Nordsee bereits überholt hatten. Inzwischen sind wohl doch außer uns noch einige andere Schiffe Richtung Süden unterwegs. Der Sonntag, 30.09.07 präsentierte sich wider Erwarten wettermäßig von seiner sonnigsten Seite und bewegte uns zum schnellen Ablegen. Nach dem Lösen von der Muring tuckerte Lothar zielstrebig zum Hafenausgang. Das brachte ihm eine dicke Rüge von dem Mächtigen im Turm von Calais Traffic ein. Über Lautsprecher wurden wir ausdrücklich und zwar „quickly“ aufgefordert, 19 uns mit dem Schiff an die rechte Seite zu verdrücken. Bevor Lothar reagieren konnte, hörten wir über das ganze Hafenbecken dröhnend den Befehl: „Go quickly to the harbourmaster. Tatsächlich kam da auch gerade eine große Fähre zum Anleger und – nicht sogleich erkennbar – noch eine 2. Fähre um die Ecke. Wir verflüchtigten uns in das südliche Hafenbecken und versuchten, einen Hafenmeister auszukundschaften. Doch hier zwischen den großen dort liegenden Frachtern war keine Menschenseele zu finden und wir konnten nirgends nachfragen. Der Sportboothafen mit dazugehörigem Hafenmeister lag im westlichen Hafenbecken und musste per Schleuse passiert werden, wozu wir beim Ablegen nun gar keine Lust hatten. Beim Rufen über Kanal 16 bekamen wir keine Antwort von Calais Traffic, ebenso wenig auf dem Arbeitskanal und auch sonst wussten wir beim besten Willen nicht, was wir tun sollten. Nach etwa einer halben Stunde Bedenkzeit tuckerte unsere Catorion fein säuberlich am rechtesten aller Molenwege und unter Ausschau nach möglichen großen Fähren aus dem Hafen heraus – und wir gerieten mitten in das Verkehrstrennungsgebiet. Doch angesichts des herrlichen Segelwetters und dem Wind aus Ost, steckten wir den Kurs nach Cherbourg ab und freuten uns auf einen herrlichen Segeltag. Erste Zweifel kamen uns erst, als die Küstenwache mit einem Hubschrauber uns umkreiste. Nach intensivem Studium der Seekarte und gegenseitigem Beratschlagen fügten wir uns: Entschieden und eindeutig verließen wir im rechten Winkel das Verkehrstrennungsgebiet und steckten den Kurs südwärts an der französischen Küste entlang ab. Das Manöver im Hafen von Calais und auch die Kurskorrektur hatte Zeit gekostet. Trotzdem schafften wir innerhalb der nächsten 26 Stunden unseren Weg, allerdings waren die Nordseewellen so ungemütlich hart, dass eine ruhige Nachtwache nicht drin war. Auch fiel das 2. Steuergerät des Autopiloten aus, so dass wir nahezu den gesamten Weg per Hand steuern mussten, was bei achterlichem Wind sowieso besser ist. Gegen 22.30 Uhr begann zudem ein unangenehmer Regen, der uns bis fast zum Morgengrauen begleitete. Selbst am Tag danach wurde uns an Land in Cherbourg noch von dem großen Regen des Nachts berichtet. Nach diesen Wettererlebnissen waren wir froh, mittags im großen und geschützten Hafen von Cherbourg gut aufgehoben zu sein. Zunächst ruhten wir uns einen Tag und eine Nacht am Steg aus, bunkerten Wasser und Strom und Lebensmittel und fühlten uns sogleich in der Stadt pudelwohl. Am gleichen Steg trafen wir ein deutsches Paar aus Kühlungsborn. Sie wollten schnell weiter nach Süden, zumal sie nur noch 8 Monate Zeit hatten. Zum Einkaufen in die Stadt wollten sie auch nicht, sie hatten von zu Hause genug Lebensmittel für die Reise mitgenommen – dabei fragte ich mich, welches köstliche Essen denn über so viele Monate frisch bleiben kann? Auf einem anderen Schiff, der ORPLID, trafen wir Karin und Thomas aus Bochum, die den Motor ihres Schiffes erst noch durch Hinzuziehung eines hiesigen Technikers auskurieren wollten. Zeit hatten sie zudem genug. Karin war dem Lothar schon ins Auge gefallen, als sie mit ihrer schwarz-rot-gold gestreiften Toilettentasche über den Steg bummelte. Wir ließen uns von ihrer Schwärmerei für den Cherbourger Hafen, Ort und Umgebung und auch dem Klima anstecken. Die beiden hatten bereits einen 7 Monatsvertrag für ein Winterlager abgeschlossen – und wir taten es heute auch. Wir bleiben vom 10.10.07 – 10.04.08 am Steg und wollen im Frühjahr noch 2 Wochen in die Werft zur Überholung des Schiffsrumpfes. Die Zeit in Cherbourg verspricht, angenehm zu werden. Hier wachsen die Palmen das ganze Jahr über, die Stadt hat eine überschaubare Infrastruktur und südliches Ambiente und wir fühlen uns gut aufgehoben. Allerdings stelle ich erstmals auf unserer Reise sprachliche Verständigungsprobleme fest. Kein deutsch, kein englisch – wenig französisch meinerseits. Da muss ich wohl noch viel lernen. Hierzu habe ich aber nun 6 Monate Zeit. SY CATORION vom 10.10.2007 bis voraussichtlich zum 10.04.2008 im Yachthafen Cherbourg 20 Capitainierie Port Chantereyne, 50100 Cherbourg – Octeville, France DL7AID@winlink.org / catorion@gmx.net Skype: renate.keller1 Lothar Dorloff, Tel.: 0033 (0) 176 – 53008195 Renate Keller, Tel.: 0033 (0) 176 – 53069040